Glaubt man der KI von Zoom, dann ging es in unserem heutigen Webinar zum Thema “AI-Tools für UX-Research” um folgendes:
“Irie führte ein Meeting-Management-System und andere Werkzeuge für die Datenerfassung, Organisation und Analyse ein, einschließlich des Potentials von KI im Datenmanagement. Tara sprach Fragen über GPT-Transfers, Datenschutzbedenken und den Einsatz verschiedener Forschungsinstrumente an. Schließlich diskutierte das Team Wege zur Verbesserung der Teameffizienz …”
Ein wunderbares Beispiel für Halluzinationen und ein Plädoyer für einen bewussten Umgang mit KI-Tools im professionellen Kontext.
In Wirklichkeit lauschten die 127 Teilnehmende nämlich Irie Kawaguchi von uintent ganz gespannt, wie sie einen Einblick in die praktische Verwendung von DSGVO-konformen KI-Tools im professionellem UX-Research gab. Irie ging in dem Webinar durch die verschiedenen Phasen von UX-Research-Projekten und stellte jeweils passende KI-Tools vor.
Datenschutz & KI-Tools
Zuvor ging sie auf den datenschutzkonformen Einsatz von KI-Tools ein. KI-Tools bergen für den professionellen Einsatz einige Risiken. Zum einen landen die Daten auf den Servern Dritter. Dies kann zur Weitergabe oder zum Diebstahl von Daten führen. Zum anderen nutzen viele Anbieter die Eingaben ihrer Anwender:innen zum Training von Sprachmodellen. So kann es passieren, dass sensible Daten im Wortschatz des Sprachmodells landen und an Dritte weitergegeben werden.
Es ist daher besonders darauf zu achten, welche Daten von KI-Tools verarbeitet werden. Dies betrifft insbesondere personenbezogene und vertrauliche Daten.
Irie empfiehlt UX-Researcher:innen, die aktuell KI-Tools in ihrer praktischen Arbeit einsetzen wollen, auf die Einhaltung unternehmensinterner Richtlinien für Datenschutz und Datensicherheit zu achten. Viele Unternehmensrichtlinien schließen die Verwendung von personenbezogenen oder vertraulichen Daten in KI-Tools aus. Ebenso sollte auf die Verwendung von Daten zu relevanten Innovationsideen in KI-Tools verzichtet werden. Darüber hinaus ist es wichtig, bei der Auswahl der Tools darauf zu achten, dass diese nach ISO 27001 oder SOC2 zertifiziert sind.
Nun zu den Tools für die verschiedenen Phasen von UX Research. Hier habe ich Iries Empfehlungen für die wichtigsten DSGVO-konformen Tools zusammengefasst. Nicht DSGVO-konforme Tools habe ich extra gekennzeichnet.
Desk Research
UX-Researcher:innen arbeiten sich zu Beginn eines Projektes oft tiefer in die Fachdomäne ein. Sie benötigen ein solides Wissen in der Fachdomäne, um die richtigen Fragen stellen zu können. Hierbei können folgende KI-Tools hilfreich sein:
- Iries Favorit für Desk Research ist you.com. Das ist eine KI-basierte Suchmaschine, die es ermöglicht Fragen zu fachlichen Themen schnell zu beantworten. Beispielsweise liefert sie Antworten auf Fragen, wie z.B. “Wie haben sich die Essensgewohnheit von Menschen in Deutschland entwickelt?” Die Suchmaschine nutzt für die Beantwortung nur vertrauenswürdige Datenquellen und verzichtet auf die Nutzung von Inputs für das Training. In der Bezahlversion stehen verschiedene Sprachmodelle zur Verfügung.
- Für die wissenschaftliche Recherche bieten sich Consensus & Scispace an. In beiden KI-basierten Suchmaschinen können Fragen gestellt werden, die ausschließlich auf wissenschaftliche Datenquellen beantwortet werden. Bei Consensus bekommt außerdem ein Stimmungsbild zur Beantwortung von Fragen. Bei Scispace ist es möglich mit den wissenschaftlichen Papers zu chatten. Das beschleunigt die Lesen von Dokumenten.
Erstellung von Leitfäden und Berichten
Die Erstellung von Leitfäden und Berichten gehört zu den Kernaufgaben im UX-Research. ChatGPT kann hier bereits eine gute Unterstützung bieten. Allerdings ist die Privatanwender-Version von ChatGPT nicht sehr datenschutzfreundlich. Irie empfiehlt daher die Verwendung in Verbindung mit PrivateGPT. PrivateGPT sorgt dafür, dass Eingaben und Daten anonymisiert werden, bevor sie an ChatGPT gesendet werden. Die Anonymisierung erfolgt auf Schlüsselwort-Ebene. Dadurch ist es möglich, wesentliche personenbezogene Daten zu erkennen und zu anonymisieren. Erst wenn sich vertrauliche oder personenbezogene Daten nicht aus einzelnen Wörtern, sondern aus dem Gesamtkontext ergeben, stößt PrivateGPT an seine Grenzen. Da die Daten über eine spezielle API an ChatGPT übermittelt werden, ist sichergestellt, dass diese nicht für das Training verwendet werden. Damit ermöglicht PrivateGPT eine DSGVO-konforme Nutzung.
Eine Alternative zu ChatGPT ist Copilot von Microsoft. Copilot kann auf Basis von Word Powerpoint-Präsentationen im Corporate Design erstellen. Allerdings ist Copilot derzeit nur eingeschränkt zu empfehlen, da es nur aus einzelnen Dateien eine Präsentation erstellen kann.
Interviewdurchführung
Eine weitere Kernaufgabe ist die Durchführung der Interviews an sich. Auch hier gibt es bereits KI-Tools, die eine Automatisierung ermöglichen. Zm einen gibt es Tools, die Interviews mit echten Anwender:innen durchführen und bei deren Auswertung unterstützen. Außerdem gibt es Tools, die künstliche Anwender:innen simulieren und aus deren Sicht Fragen beantworten.
- Tellet bietet eine automatisierte Durchführung von Interviews mit einer Anbindung an ein Research Repository. UX-Researcher:innen legen dafür die Interviews an. Sie können dabei festlegen, wie oft Tellet bei Anwender:innen bei einer Frage nachfragen soll. Anwender:innen chatten mit einem AI-Bot auf Basis von Text oder per Sprachnachrichten und beantworten so die Fragestellungen. Am Ende wird das Interview automatisch ausgewertet. Es werden Zusammenfassungen zu den Fragen erstellt und teilweise Erkenntnisse sogar ausgezählt. Außerdem unterstützt Tellet UX-Researcher:innen UX-Researcher:innen mit einem AI-Chatbot bei der Auswertung der Interviews. Tellet lässt sich auch an Panels anschließen, was die Rekrutierung von Anwender:innen erleichtert.
- xelper bietet ebenfalls eine automatisierte Durchfürhung und Auswertung und Interviews. UX-Researcher:innen laden für die Erstellung der Interviews einen Leitfaden bei Xelper hoch. Xelper erstellt daraus einen Chatbot mit dem dann echte Anwender:innen auf Basis von Text chatten können. Der Chatbot zeichnet sich durch eine gute Interviewführung aus.
- Syntheticusers verfolgt einen anderen Ansatz. Anstatt automatisiert Interviews mit echten Menschen durchzuführen, simuliert es künstliche Anwender:innen. Deren Antworten basieren auf einer breiten Basis von Daten zu bestehenden Nutzergruppen. Praktisch liefert der Dienst aber meist sehr allgemeine Antworten und ist daher nur eingeschränkt empfehlenswert. Außerdem handelt es sich hierbei um einen amerikanischen Dienst, der hinsichtlich Datenschutz noch Nachholbedarf hat. (Nicht DSGVO-konform)
Transkript
Wenn man nicht gleich ganze Interviews automatisieren, sondern sich nur die Arbeit für die Auswertung von klassischen Interviews erleichtern möchte, dann bieten sich Tools zum Transkribieren an.
- Fireflies ist ein Meeting Management System, welches in der Lage ist, die Gespräche in den Meetings zusammenzufassen. Somit liegt nach dem Interview sofort eine schriftliche Aufzeichnung des Gesprächs vor. Der Dienst funktioniert am besten in Englisch, ist aber auch in Deutsch verfügbar. Zur Auswertung bietet Fireflies gute Exportmöglichkeiten, eine eigene Suche und einen AI-Chat. Die Suche basiert leider nur auf Schlagworten.
- condens ist ein Research Repository mit Fokus auf qualitativem UX-Research. Es ist in der Lage Sprachaufzeichnungen zu analysieren und schlägt automatisiert Tags zur Strukturierung der Erkenntnisse vor. Das funktioniert aktuell für 86 Sprachen inkl. Deutsch.
Analyse
Für die Analyse von Interviews lässt sich neben Transkript-Diensten auch GPT4 gut nutzen. Damit lassen sich beispielsweise Fragebögen mit vielen offenen Fragen schneller auswerten. Der Prompt sollte dafür Hintergrundinfos zur Fachdomäne, Forschungsfragen der Erhebung, Kriterien nach denen GPT4 analysieren soll und die Form, in der das Ergebnis dargestellt werden soll, enthalten. Außerdem ist es nötig den gleichen Prompt mehrmals auszuführen und die Ergebnisse am Ende zusammenzuführen. Ein Highlight ist das Heraussuchen von Zitaten für den Bericht.
GPT4 kann auch für die Auswertung von Kartensortierungen genutzt werden. Dabei funktioniert das sowohl für einfaches Card-Sorting als auch für Matrix-Card-Sorting. GPT4 ist sogar in der Lage Scatterplots in Form von Screenshots zu analysieren.
Customer Journey & Personas
Die Visualisierung von Erkenntnissen aus dem UX-Research können mit Hilfe von KI-Tools auch zur automatisierten Erstellung von Journeys und Personas verwendet werden.
- Das Journey Mapping-Tool theydo ist beispielsweise mittlerweile in der Lage aus einzelnen Erkenntnissen ganze Journey Maps zu erstellen.
- Dienste, wie delve.ai & Survey2Person können auf Basis von Befragungsdaten Personas erstellen. Dabei nutzen sie entweder eigene Daten oder externe Befragungsdaten, die von UX-Researcher:innen zur Verfügung gestellt werden. Leider sind beide Tools nicht DSGVO-konform.
Management der Erkenntnisse
Liegen dann ausreichende Erkenntnisse im Unternehmen vor, stehen viele UX-Researcher:innen vor der Frage, wie sie diese Erkenntnisse so verwalten können, dass sie für unterschiedliche Fragestellungen genutzt werden können. Hier kommen Research Repositories ins Spiel.
- Marvin ist ein Research Repository für quantitative und qualitative Daten, welches nicht nur bei der Organisation und Verwaltung von Erkenntnissen sondern auch bei der Interviewdurchführung unterstützt. Die Daten können in unterschiedlichen Formaten, wie z.B. Google-Docs, PDF oder PPT, importiert werden. Der eingebaute AI-Chatbot ist in der Lage Zusammenfassungen zu erzeugen und gezielte Fragen zu beantworten.
- notably ist ein Research Repository mit automatisierte Analyse-Funktionen. Das Highlight hier ist, dass es auch Jobs-to-be-Done-Analysen auswerten kann.
- entropik ist eine Research Plattform mit KI-unterstützte Funktionen wie auf Eye-Tracking, Emotionserkennung und Gesichtserkennung.
Vielen Dank
Vielen Dank, Irie, für Deinen wundervollen Überblick über AI-Tools für UX-Research sowie vielen Dank an Ergosign und cxomni für die Unterstützung dieses Webinars.